Skip to main content

Die letzten Kinder von Schewenborn

Gudrun Pausewang

Die Geschichte könnte sich nach irgendeinem Krieg zugetragen haben: verbrannte Erde, Trümmer. Kein Platz für die Toten, fettgefressene Ratten und hungernde Kinder. Schlicht der Kampf ums nackte Dasein, in dem der Nächste zumeist als unliebsamer Konkurrent ums tägliche Brot, nicht aber als hilfsbedürftiger Bruder empfunden wird. Und doch gibt es zwischen den Erlebnissen, etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, und dem Leidensweg der Kinder von Schewenborn einen gravierenden Unterschied: sie sind die letzten Kinder, neues Leben wird es nicht geben. Hoffnung auf eine bessere Zukunft die so viele vom Krieg Geschundene immer wieder aufgerichtet hat, ist der Gewissheit gewichen, daß die Menschheit sich endgültig verstümmelt, dem Nichts ausgeliefert hat.

Gudrun Pausewang hat eine packende Anklage geschrieben - nicht gegen eine Partei, nicht gegen eine bestimmte Politik und schon gar nicht gegen eine zuvor definierte Militärstrategie, gegründet auf ohnehin längst seelenlos wirkende Vorurteile pro und kontra eine bestimmte Rakete. Nein - ihre Klage gilt der routinierten Gleichgültigkeit internationaler Politik, in der Macht höher, rangiert als Leben, und der unversehens die Herrschaft über die Bombe entgleitet „Verfluchte Eltern!, aber auch: Verfluchte Großeltern! Sie hätten wissen müssen. was da heraufbeschworen wurde, denn sie hatten erfahren, was Krieg ist - wenn ihr Krieg auch ein fast harmloser im Vergleich zu unserem Bombentag gewesen ist." Das ist die Summe der Erfahrungen aus dem vierzehn Jahre alten Leben des Andreas, der, weil beide Beine den Atomstrahlen zum Opfer gefallen sind, nur mit fremder Hilfe den Baumast erlangt, an der er das wertlos gewordene Dasein gegen die Ruhe des Todes eintauscht.

Die Geschichte der Familie Bennewitz nach dem Abwurf einer Atombombe ist in nahegelegener. Aufwühlender Sprache geschrieben. Die kurzen. knappen Sätze sitzen und doch entsteht eine wirklichkeitsfremde übersteigerte Dramaturgiem, die einem kühlen Berechner das Alibi verschaffen könnte, die Schrift unter Hinweis auf die Tagesordnung der Durchschnittspolitik beiseite zu legen.

Die Autorin

Gudrun Pausewang wurde am 03. März 1928 in Wichstadtl, Teschechoslowakeigeboren (bürgerlicher Name Gudrun Wilcke)

Als älteste Tochter eines Landwirts wuchs Gudurn Pausewang mit fünf Geschwistern in Ostböhmen auf. Nach der Grundschule besuchte sie ein Mädchengymnasium. Ihr Vater fiel im Zweiten Weltkrieg als sie 15 Jahre alt war.. Nach Kriegsende floh sie mit ihrer Familie nach Westdeutschland. In Wiesbaden ging sie weiter zur Schule und absolvierte 1948 das Abitur. Danach studierte sie am Pädagogischen Institut an der Lahn und unterrichtete dann als Grund- und Hauptschullehrerin. Ab 1956 lehrte sie an Deutschen Schulen in Chile (5 Jahre) und Vemnezuela (zweieinhalb Jahre). Sie bereiste in dieser Zeit das Amazonasgebiet, Feuerland, Peru, Bolivien, Kolumbien, Mexiko, Mittel-, Nord- und Südamerika. Ende 1963 ging sie zurück nach Deutschland, studierte Germanistik und unterrichtete an einer Grundschule. Vier Jahre später ging sie mit ihrem Mann Hermann Wilcke nach Kolumbien, wo sie fünf Jahre an der dortigen Schule unterrichtete.1972 kehrte sie mit ihrem damals zweijährigen Sohn endgültig nach Deutschland zurück. Seitdem lebt sie im hessischen Schlitz, das später Ort der Handlung ihrer Werke "Die letzten Kinder von Schewenborn" und "Die Wolke" wurde. Bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1989 arbeitete sie dort als Lehrerin. 1998 promovierte sie an der Universität Frankfurt/Main mit ihrer Dissertation "Vergessene Jugendschriftsteller der Erich-Kästner-Generation" unter ihrem Passnamen Gudrun Wilcke. Für "Die Wolke" bekam sie 1988 den Deutschen Jugendliteraturpreis. Das Buch wurde 2006 verfilmt.


... Zwei davon für Gudrun Pausewang (1977 und 1983)

Gudrun Pausewang kam gleich zwei Mal nach Buxtehude. Einmal nahm sie den Bullen 1977 für „Die Not der Familie Caldera" mit nach Hause und 1983 „Die letzten Kinder von Schewenborn".
Die im März 1928 im Kreis Grulich in Ostböhmen geborene Gudrun Pausewang schrieb mit ihrem zweiten preisgekrönten Werk „Die letzten Kinder von Schewenborn", einen Roman über die Folgen einer Atombombenexplosionen. Sieht so unsere Zukunft aus? Gudrun Pausewang beschreibt den Ernstfall, den Super-GAU, dem am Ende eines unsinnigen stomaren Weltrüstens stehen könnte.
Die im Hessischen lebende Gewinnerin des siebten und des 13. Buxtehuder Bullen erzählt in „Die letzten Kinder von Schewenborn" eine Geschichte, die sich nach irgendeinem Krieg zugetragen haben könnte. Verbannte Erde, Trümmer, kein Platz für die Toten, fettgefressene Ratten und hungernde Kinder: Der Kampf ums nackte Überleben dominiert in all seinen Konsequenzen Gudrun Pausewangs Anklage gegen die routinierte Gleichgültigkeit internationaler Politik, in der die Nacht höher rangiert als das Leben.
Die Stuttgarter Zeitung schrieb: „Die Geschichte der Familie Bennewitz nach dem Abwurf einer Atombombe ist in nachgelegener, aufwühlender Sprache geschrieben. Die kurzen und knappen Sätze sitzen und doch entsteht eine wirklichkeitsfremde Dramaturgie." Für ihr engagiertes Antikriegsbuch erhielt Gudrun Pausewang 1984 den Gustav-Heinemann-Friedenspreis.